Produzieren mit Bill Gates und verteilen mit Bismarck

Deutschland braucht einen neuen Gesellschaftsvertrag

„Versteht man die Landes­ver­fassung des Landes NRW als Gesellschafts­vertrag ist zumindest der Artikel 24 unserer Ver­fass­ung veraltet und ad acta zu legen“, das ist eine der provo­kativen Aussagen von Wolf­gang Belitz, Vorsitzender der Hopp­mann-Stifgung „Demokratie im Alltag“ und evan­gelischer Pfarrer in seinem Vortrag am 18.04.2013 im Audimax der Fach­hoch­schu­le Münster. „Wir brauchen einen neuen Ge­sell­schaftsvertrag“, so das Credo von Belitz.
 

Auf Einladung des Chance e.V., der Fachhochschule Münster und des „QuadA“-Arbeitskreises sprach Belitz über die Zukunft der Arbeit in einem neuen Gesellschaftsvertrag.
 
„Im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens steht das Wohl des Menschen. Der Schutz seiner Arbeitskraft hat den Vorrang vor Schutz materiellen Besitzes. Jedermann hat das Recht auf Arbeit“ zitiert Belitz den 24 Artikel der Landesverfassung. „Der Lohn muss der Leistung entsprechen und den angemessenen Lebensbedarf des Arbeitenden und seiner Familie decken“. So lautet es im Artikel 24 weiter. Es sei zu erkennen, dass dies so nicht mehr einzuhalten sei, erläuterte Belitz weiter.
Die digitalisierte Revolution habe mir ihrer Computerisierung und Automatisierung dafür gesorgt, dass immer weniger Arbeit vorhanden sei. Gleichzeitig sei jedoch trotz weniger Arbeitsstunden die Produktivität gestiegen und habe für hohen gesellschaftlichen Reichtum an Geld und Gütern gesorgt, von denen jedoch mindestens 50 % der Bevölkerung keinerlei Anteil habe.
 
„Wir produzieren mit Bill Gates und verteilen mit Bismarck“. so Belitz in seinem Vortrag. Durch immer weniger menschliche Arbeitskraft entsteht immer mehr Reichtum an dem nicht alle Teil haben können und fordert seitens der Politik neue Verteilungsmöglichkeiten des gesellschaftlichen Reichtums, statt Armut zu fördern durch schlechtbezahlte Arbeit.
„Was wir brauchen ist ein neues Verständnis von Arbeit, bei dem die bestehende Erwerbsarbeit ergänzt wird durch andere gleichberechtigte Formen der Arbeit: die Haus- und Familienarbeit, die Eigenarbeit und die BürgerInnenarbeit.
„Geben wir den Bürgern die Möglichkeit, das zu tun, was sie zum Aufbau und Wohl der Gesellschaft wirklich tun können und wollen, anstatt sie in schlecht bezahlte Jobs zu pressen“, forderte Belitz.
 
Der Chance e.V. wurde 1987 in Münster gegründet. Zielsetzung ist die soziale und berufliche Integration und Unterstützung von inhaftierten, haftentlassenen und von Haft bedrohten Menschen aus dem Münsterland sowie deren Angehörigen. Die Projekte des Chance e.V. leisten nachweislich einen Beitrag zur Erreichung dieser Ziele. Die meisten Inhaftierten verlassen das Gefängnis mit denselben Schwierigkeiten, die schon vor Antritt der Freiheitsstrafe einem Leben in sozialer Verantwortung entgegenstanden. Hinzu kommt, dass ihnen große Teile der Öffentlichkeit mit Vorurteilen und weiterer Ausgrenzung begegnen. Folge ist häufig die soziale und berufliche Isolation. Diese Situation zu verändern ist das erklärte Ziel des Chance e.V. Haftentlassenen oder von Haft bedrohten Menschen soll ein selbstbestimmtes Leben einschließlich der materiellen Existenzsicherung ermöglicht werden.

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